Leben wir in oder auf der Erde?

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Nichts ist wie es scheint

Verschwörungstheorien erfreuen sich einer großen Beliebtheit. Mehr oder weniger im Thema Bewanderte ergehen sich in verworren-verwirrenden Andeutungen, die andere Eingeweihte mit einem wissenden Blick beantworten. Potentielle Adepten erstarren in Erfurcht. Alles ist geheim und es wird geraunt, denn der Feind hört mit, überall.

Das „Angebot“ an solcherart seltsamen Weltanschauungen ist riesig. Besonders in den Kreisen der Neurechten existieren Hypothesen, die die wildesten Spekulationen beleben. Von Nazi-Ufos ist da die Rede, von Geheimgesellschaften wie Thule, von unerschöpflichen Energien und nicht zuletzt von planvollen Aktionen des „Weltjudentums“. Spätestens an dieser Stelle wird klar, dass es sich nicht um harmlose Spinnereien handelt.

Allen Theorien gemeinsam ist der Ansatz, dass es eine wissende Minderheit gibt, die dem Großteil der Menschen Informationen vorenthält, um diese zu ihrem eigenen Wohlergehen zu nutzen. Auch kommt die Grundangst vieler Zivilisationsbürger zum Ausdruck, in der heutigen, komplexen Welt nicht mehr Herr des eigenen Lebens zu sein, sondern vielmehr von einer fremden Macht gesteuert zu werden. Ganz unberechtigt ist diese Angst nicht.

Wer sich z.B. schon einmal mit Medienpolitik oder Werbung beschäftigt hat, der weiß, dass Menschen manipulierbar sind. Die Politik bedient sich einer Vielzahl dieser Mechanismen. Lobbyisten bestimmen wesentlich, welche Themen auf der politischen Tagesordnung stehen und welche Personen wichtige Ämter bekleiden. In unserer Informationsgesellschaft haben große Verlage und Fernsehanstalten das Monopol auf dem Markt übernommen oder streben dieses an. Nur Wenige diktieren die öffentliche Meinung. „Bestes“ Beispiel für diese Entwicklung ist Herr Berlusconi in Italien.

Kein Wunder also, dass viele Menschen bereit sind, Verschwörungstheorien ein Ohr zu leihen. Das Geschäft im esoterischen Fachhandel boomt auf jeden Fall. Was jeder davon glauben will oder nicht, liegt ganz im eigenen Ermessen.


1. Die Hohlweltlehre

Die Hohlwelttheorie als solche gibt es nicht. Grundsätzlich sind zwei Hauptrichtungen zu unterscheiden. Die erste geht davon aus, dass in der Erde so wie wir sie kennen, unterirdisch eine weitere Welt existiert. Ansatz zwei behauptet, dass wir nicht auf der Oberfläche einer Kugel wohnen, sondern in ihrem Inneren.

Die Reise zum Mittelpunkt der Erde Die Vorstellung, dass die Erde hohl ist, findet sich schon in der babylonischen Mythologie. Der babylonische Held Gilgamesch besucht seinen Vorfahren Utnapischtim im Erdinnern. Die ägyptischen Pharaonen sollen durch unterirdische Tunnel in den Pyramiden mit der Unterwelt in Verbindung gestanden haben. Die Buddhisten kennen das unterirdische Paradies Agartha, wo ein König über Millionen von Menschen herrscht. Aber auch in der Neuzeit gab es immer wieder Vertreter einer Hohlweltlehre. Der berühmte englische Astronom Edmund Halley (HALLEYscher Komet) vertrat die Ansicht, dass im Inneren der Erde vier weitere Sphären bestehen, die ebenfalls bewohnt wären. Im 18. Jahrhundert behauptete der Schweizer Mathematiker Leonhard Euler, dass die Erde nur aus einer inneren Sphäre bestehe und eine Sonne enthalte. In dieser Hohlwelt siedelte er eine fortschrittliche Zivilisation an.

Einer der eifrigsten Verfechter der Hohlweltlehre ist der Amerikaner John Cleves Symmes, ein ehemaliger Offizier und Geschäftsmann. Da Symmens glaubte, die Eingänge zur inneren Erde an den Polen zu finden, versuchte er die US-Regierung zu überzeugen, eine Expedition dahin auszurüsten. Erst einem seiner Anhänger gelingt 1838 dieses Vorhaben. Zwar entdecken die Forscher keine Eingänge ins Innere der Erde, jedoch finden sie heraus, dass die Antarktis nicht nur aus Eis besteht, sondern vielmehr der siebte Kontinent der Erde ist.

Mit fortschreitenden Erkenntnissen der Wissenschaft verlagern sich neue Theorien zur Hohlweltlehre in die phantastische Literatur. Einen ganzen Zyklus an Novellen widmete Edgar Rice Burroughs diesem Thema. Die wohl bekannteste Erzählung ist jedoch „Die Reise zum Mittelpunkt der Erde“ von Jules Verne. Verne lässt darin seinen Wissenschaftler die Theorie vertreten, dass eine im Inneren heiße Erde irgendwann platzen müsste. Die Suche nach einem Eingang in die Innenwelt ist erfolgreich und er findet mit seiner Expedition einen riesigen Untergrundsee, der von prähistorischen Kreaturen bewohnt wird. Beeinflusst durch diese und ähnliche Geschichten, gelangt die Hohlwelttheorie immer wieder zu neuer Popularität.

Den Spekulationen Eulers über eine Hochzivilisation verschaffte „The Smoky God“, die Biografie des Norwegers Olaf Jansen, neue Nahrung. Der Seemann behauptete darin, dass er durch den Eingang am Nordpol gesegelt wäre und zwei Jahre in Agartha gelebt hatte. Jansen bezog sich auf Willis George Emerson’s „Agartha – Secrets Of The Subterranean Cities“. Dieser beschreibt die Wesen „als zwölf Fuß hoch” und mit übernatürlichen Fähigkeiten ausgerüstet.

Nach dem Zweiten Weltkrieg hielt sich hartnäckig das Gerücht, dass sich die Spitze des Dritten Reichs in unterirdische Regionen verdrückt hat, wo sie seitdem mit den Argathern zusammenleben (Heim ins Reich – sozusagen). An dieser Stelle kommen dann noch Nazi-Ufos ins Spiel.


2. Die innere Welt

Kann man sich noch relativ leicht vorstellen, dass jemand an uralte Zivilisationen oder Supermenschen in riesigen Höhlen unter der Erdoberfläche glaubt, so verlangt die hier „Innere Erde“ genannte Weltbetrachtung schon ein gerüttelt Maß an Phantasie. Wesentliche Idee dieser Theorie ist, wie bereits erwähnt, dass wir nicht auf der Oberfläche einer Kugel leben, sondern in derem Inneren. Auch diese Vorstellung geht auf einen Amerikaner zurück, auf Cyrus Reed Teed.

Die oben getroffene Annahme verlangt nicht mehr und nicht weniger, als unser ganzes kopernikanisches Weltbild auf den Kopf zu stellen. Haben wir jetzt einen unendlichen Weltraum über unseren Köpfen, würde dieser in der Inneren Welt zu einem nach den Regeln der Geometrie berechenbaren Kugelvolumen zusammenschmelzen. Das wiederum führt dazu, dass die Summe aller Sterne, Sonnen, Galaxien etc. kleiner als dieser Rauminhalt sein müsste und damit auch viele dieser Himmelskörper kleiner wären, als heutzutage von uns angenommen. Diese Klippe umgeht die Theorie mit einem „genialen“ Konstrukt:

Im Zentrum der Hohlkugelerde befindet sich eine Fixsternkugel, die wie ein Schweizer Käse mit feinen Löchern durchzogen ist. Diese Löcher strahlen die Leuchterscheinungen ab, die wir auf der Erde für Sterne und Galaxien halten. Um diese Fixsternkugel kreisen die Planeten und Satelliten. Sonne und Mond sind ebenfalls Planeten.

Wenn wir also im Inneren einer Hohlkugel leben, müssten wir dann nicht eigentlich Australien sehen können? Die Antwort ist einfach – das Licht verläuft nicht geradlinig sondern krumm. So abseitig diese Annahme zuerst klingen mag, einen schlagenden Beweis dafür, dass das Licht gerade verläuft, gibt es nicht.

Was ist nun aber mit unseren Ausflügen ins Weltall, mit der Landung auf dem Mond. Wenn der Mond, wie nach der Theorie berechnet, nur etwa einen Durchmesser von einem Kilometer hätte, wie konnte Apollo 13 dort landen? Ganz klar: Die physikalischen Gesetze und Größenverhältnisse schrumpfen im Kosmos.

So krude manche dieser Vorstellungen sein mögen – so wenig lässt sich ihre „Glaubwürdigkeit“ anzweifeln. Wer kann mit Sicherheit sagen, dass Lichtstrahlen wirklich gradlinig verlaufen? Das Beispiel der Hohlwelt zeigt deutlich, dass wir mit unserem beschränkten Wissen von der komplexen Welt darauf angewiesen sind, anderen zu glauben. Das war schon immer so.

Im Mittelalter konnten die wenigsten lesen und somit kontrollieren, ob der Priester die Geschichten aus der Bibel korrekt vorlas und nicht nach seinen Vorstellungen interpretierte. Heutzutage geht es uns nicht viel besser. Ich habe z.B. noch kein Neutron gesehen und trotzdem glaube ich, dass es existiert. Sicher gibt es physikalische Versuche, die die Vorhandensein von Neutronen nachweisen, doch auch diese beruhen wieder auf Annahmen, die ich glauben muss. Der einzige Unterschied zur Hohlwelttheorie besteht darin, dass das Wissen um Neutronen mein alltägliches Leben praktisch nicht berührt.